3. Die Apostelgeschichte (Apg)
Übersicht über die Apostelgeschichte
1,1f. | Proömium |
1,3-26 | Die Zeit bis zur Gabe des Geistes (Pfingsten) |
2,1-8,3 | Die Apostel als Zeugen des Evangeliums in Jerusalem |
8,4-12,25 | Verkündigung des Evangeliums in Samaria und der Küstenebene |
13,1-28,31 | Die Ausbreitung des Evangeliums bis Rom |
Überschrift und Aufbau
Die Überschrift „Taten der Apostel“ (πράξεις ἀποστόλων/praxeis apostolōn) geht wohl auf das 2. Jh. zurück. Sie dient der Abgrenzung von den zu jener Zeit zahlreich entstehenden legendarischen Apostelakten. Zu Verfasser und Entstehungssituation der Apg vergleiche die Ausführungen zum Lk.
Der Aufbau der Apostelgeschichte folgt der Ankündigung Jesu in 1,8: „Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Welt.“ Zielpunkt der Darstellung in der Apg ist die ungehinderte Reich-Gottes-Predigt des Paulus in Rom (28,31).
Eine wichtige Funktion haben die großen Reden der Apg. Lukas platziert sie im Stil antiker Historiographie an den entscheidenden Punkten seiner Erzählung. Dabei handelt es sich um fiktive Reden, die über die Theologie der redenden Person nichts aussagen. Sie dienen dazu, die vorangegangene bzw. folgende Entwicklung zu begründen und gegebenenfalls zu rechtfertigen.
Die literarischen Quellen
In der Forschung wird viel über Quellen gestritten, die in der Apg möglicherweise benutzt worden sind. Dabei wird häufig eine Kap. 6-14
In der 2. Hälfe der Apg haben insbesondere die bereits in der Einleitung zu Lk genannten „Wir-Passagen“ für Diskussionen gesorgt. Die Benutzung der 1.P.Pl. dürfte nicht auf den Bericht eines Augenzeugen, sondern auf Lukas selbst zurückgehen, der sich dem Stil des in 27,1-28,16
Das Proömium
Die ersten Sätze der Apg bieten nach der Anrede an Theophilus einen Rückblick auf das Lk. Auf diese Weise werden beide Teile des Doppelwerkes miteinander verknüpft.
Die Zeit bis zur Gabe des Geistes
Dieser Verknüpfung dienen auch die Schilderungen der letzten Weisungen Jesu an seine Jünger und der Himmelfahrt (1,3-14), die mit leichten Abweichungen Lk 24,36-53 aufnehmen. Nach der Himmelfahrt kehren die Jünger weisungsgemäß nach Jerusalem zurück und finden sich im Gebet zusammen. Die erste Rede des Petrus begründet die Notwendigkeit der Nachwahl eines zwölften Zeugen. 1,21f. nennt die Kriterien der Wahl zum Apostel (1,15-26).
(Mk 16,14-19; Joh 20,19-23; Apg 1,1-14)
Jesu Himmelfahrt
Die Nachwahl des zwölften Apostels
Die Apostel als Zeugen des Evangeliums in Jerusalem
2,1-42 | Pfingsten |
2,43-47 | Summarium über das Leben der Gemeinde |
3,1-4,31 | Heilung des Gelähmten durch Petrus, Petrus und Johannes vor dem Hohen Rat |
4,32-5,11 | Gütergemeinschaft der Gemeinde (positives und negatives Beispiel) |
5,12-16 | Summarium über das Leben der Gemeinde |
5,17-42 | Verhaftung, Verhör und Auspeitschung der Apostel |
6,1-7 | Wahl der sieben Diakone |
6,8-8,3 | Verhaftung, Verteidigungsrede und Steinigung des Stephanus, Verfolgung der Gemeinde in Jerusalem |
Die Gabe des Heiligen Geistes wird in geisterfüllter Rede erfahrbar. Lukas schildert das als Reden in fremden Sprachen. Die Pfingstpredigt des Petrus interpretiert das Geschehen zunächst im Licht der heiligen Schrift (Joel 3,1-5). Die sich anschließende Missionspredigt folgt einem Schema, das Lukas auch in den folgenden Reden des Petrus verwendet: Jesus ist von den Juden gekreuzigt worden, Gott aber hat ihn auferweckt – Schriftbeweis – Bußruf (2,1-42).
(vgl. Apg 2,16-21)
Das Pfingstwunder
Die Pfingstpredigt des Petrus
Die erste Gemeinde
Nach der kurzen Notiz vom Erfolg der Rede fügt der Autor der Apg ein Summarium ein, das ein ideales Bild der „Urgemeinde“ zeichnet (2,43-47). Zwei ähnliche Summarien folgen wenig später (4,32-35; 5,12-16). Lukas stellt die erste Gemeinde als Erfüllung des antiken Ideals der Koinonia (κοινωνία – Gemeinschaft, Teilhabe) dar (4,32-5,11
Die Gütergemeinschaft der ersten Christen
Wundertaten der Apostel
Mit der Heilung des Gelähmten im Tempel stehen die Apostel in der Kontinuität des Handelns Jesu. Petrus und Johannes werden verhaftet und müssen sich vor dem Hohen Rat verantworten. Ihnen wird verboten, im Namen Jesu zu predigen oder zu lehren (4,18). In ihrem Gebet bittet die Gemeinde um Kraft zur Verkündigung und um göttliche Legitimation durch „Heilungen, Zeichen und Wunder“ (3,1-4,31
Nachdem Lukas von der Erfüllung des Gebetes der Gemeinde berichtet hat (5,12-16), erzählt er von einer Verhaftung aller Apostel, die zwar zunächst wunderbar beendet wird, dann aber doch zu einem Verhör vor dem Hohen Rat führt. Auf den Vorwurf, sich nicht an das Redeverbot gehalten zu haben, antworten sie mit dem bekannten Wort: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (5,29).
Wundertaten der Apostel
Der in 6,1-7 geschilderte Konflikt zwischen „Hebräern“ und „Hellenisten“ entzündet sich in der Darstellung der Apg an der Frage der Witwenversorgung. Es spricht allerdings einiges dafür, dass Lukas ihn bewusst heruntergespielt hat, da er großen Wert auf die Einmütigkeit und Einigkeit der „Urgemeinde“ legt. Die angeblich zur Witwenversorgung gewählten Diakone treten in der weiteren Darstellung als selbständiger Kreis von Missionaren auf.
Die Wahl der sieben Diakone
Stephanus, die führende Gestalt dieses Kreises, wird verhaftet. Er schildert in seiner Verteidigungsrede, die eher einer Anklage gegen die Juden gleicht, die Geschichte Israels als eine Geschichte des Widerstands gegen Gott (7,51). Er wird gesteinigt und die Gemeinde gerät in eine schwere Verfolgung, die allerdings vor allem die „Hellenisten“ zu treffen scheint (vgl. 8,4 und die Namen der dann als Missionare geschilderten Personen). Die „Hebräer“ bleiben in Jerusalem zunächst relativ unbehelligt.
Philippus in Samarien
Die Verkündigung des Evangeliums in Samaria und in der Küstenebene
8,4-25 | Mission des Philippus in Samaria, Petrus und Johannes setzen sich in Samaria mit Simon dem Magier auseinander |
8,26-40 | Taufe des äthiopischen Kämmerers |
9,1-31 | Bekehrung des Saulus, seine Flucht aus Damaskusnach Jerusalem |
9,32-43 | Wundertaten des Petrus in Lyddaund Joppe |
10,1-48 | Visionendes Kornelius und Petrus, Taufe des Kornelius |
11,1-18 | Rechtfertigung des Überganges zur Heidenmission durch Petrus |
11,19-30 | Entstehung der Gemeinde in Antiochia |
12,1-23 | Hinrichtung des Jakobus und Verhaftung des Petrus, wunderbare Befreiung des Petrus, Tod des Herodes |
12,24f. | Rückkehr von Barnabas und Saulus nach Antiochia |
Philippus, der zweite wichtige Mann der sieben Diakone, missioniert mit Erfolg in Samaria. Auch Simon, ein Zauberer, wird durch die von gewaltigen Machttaten begleitete Predigt des Philippus zum Glauben bekehrt und lässt sich taufen. Die Apostel schicken Petrus und Johannes nach Samaria, um die Taufe des Philippus zu legitimieren. Die Getauften empfangen durch Gebet und Handauflegung den Heiligen Geist. Simon bietet den beiden Geld für diese Macht der Handauflegung (Stichwort „Simonie“ in der Kirchengeschichte) und wird von Petrus verflucht (8,4-25).
Philippus in Samarien
Philippus tauft den Kämmerer der äthiopischen Königin Kandake. Seine christologische Auslegung von Jes 53,7f. führt diesen zum Glauben. So stellt sich Lukas offenbar Mission unter Gottesfürchtigen vor (8,26-40).
Der Kämmerer aus Äthiopien
In 9,1-31 schildert Lukas die Bekehrung des Saulus, der bis dahin als wütender Verfolger der Gemeinden hervorgetreten war (noch zweimal wiederholt: 22,3-21; 26,4-23; dort jeweils mit starkem Akzent auf die Beauftragung zur Heidenmission). Damit wird der Hauptakteur der Völkermission eingeführt.
Die Bekehrung des Saulus
Saulus in Damaskus und Jerusalem
Den Übergang zur Heidenmission vollzieht nach der Darstellung der Apg aber Petrus, der Leiter des Apostelkreises (10,1-48). Eine Vision veranlasst den Centurio Kornelius, Boten zu Petrus zu senden. Dieser wird durch eine dreimalige Vision (Tuch voller unreiner Tiere und die Aufforderung zu essen) darüber belehrt, dass Gott alles für rein erklären kann. Während der Predigt vor den versammelten Heiden im Hause des Kornelius kommt der Heilige Geist auf sie herab. Auf dieses göttliche Zeichen hin werden sie getauft. Petrus muss seinen Schritt vor den Judenchristen in Jerusalem rechtfertigen (11,1-18; „Gott hat also auch den Heiden die Umkehr zum Leben geschenkt.“ [11,18]).
Petrus in Jerusalem
Der Hauptmann Kornelius
In Antiochia entsteht durch die Predigt der nach der Verfolgung versprengten Christen eine Gemeinde aus den Griechen (die erste uns bekannte Gemeinde, die Heidenchristen einschließt). In ihr spielen Barnabas und Saulus eine wichtige Rolle (11,19-26). Nach 11,26 werden die Jünger dort erstmalig Christen genannt. Mit der Schilderung der Verfolgung der Jerusalemer Gemeinde durch Herodes (Agrippa) (12,1-23) und ihrer Rahmung durch die Spendenaktion der Antiochener (11,27-30; 12,24f.) verknüpft Lukas die bisherige Darstellung mit der Schilderung der Missionsreisen des Paulus.
Der Tod des Jakobus und die Befreiung des Petrus
Das Ende des Herodes Agrippa
Erste Christen in Antiochia
Die erste Missionsreise des Paulus
13,1-14,28 | 1. Missionsreise des Paulus |
15,1-35 | Apostelkonzil |
15,36-18,22 | 2. Missionsreise des Paulus |
18,23-21,17 | 3. Missionsreise des Paulus |
21,18-28,31 | Verhaftung und Gefangenschaft des Paulus, Reise nach Rom |
Barnabas und Saulus werden vom Heiligen Geist zur Mission erwählt (13,1-3). Die Reise führt über Seleuzia nach Zypern (13,4-13). Von dort wendet sich Paulus mit seinen Begleitern nach Kleinasien, wo er zunächst vor allem im pisidischen Antiochia wirkt (13,14-52). Über die weiteren Stationen Ikonion, Lystra und Derbe (14,1-20) kehren sie schließlich nach Antiochia zurück (14,21-28).
In Ikonion
In Lystra
Die Rückkehr nach Antiochia in Syrien
Auf der Insel Zypern
In Antiochia in Pisidien
Der Beginn der ersten Missionsreise
Schon bei der Schilderung dieser Missionsreise finden sich einige der Schemata, die Lukas auch in der weiteren Darstellung nutzt. Paulus predigt zunächst in der Synagoge und hat dort Erfolg. Das erregt den Neid der Juden, die daraufhin eine Verfolgung gegen ihn anzetteln. Außerdem wird Paulus als Herr über Zauberei und böse Geister geschildert (hier: der Zauberer Elymas; nach diesem Machterweis wird Saulus in Apg Paulus genannt). Gelegentlich betont Lukas ausdrücklich das Wohlwollen der römischen Behörden (der Prokonsul Sergius Paulus wird sogar gläubig).
Das Apostelkonzil
In Antiochia kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen über die Frage der Beschneidung der Heidenchristen (These der Judenchristen aus Judäa: „Wenn ihr euch nicht nach dem Brauch des Mose beschneiden lasst, könnt ihr nicht gerettet werden.“ [15,1; vgl. V. 5]).
Die Apostelversammlung in Jerusalem
Nachdem eine Delegation aus Antiochia nach Jerusalem gesandt worden ist, tritt eine Versammlung der Autoritäten zusammen. Auch hier gibt es zunächst heftigen Streit (15,7). Am Ende werden auf Vorschlag des Jakobus Auflagen für die Heidenchristen beschlossen, die Lev 17f.
Die Apostelversammlung in Jerusalem
Die Beschlüsse der Apostelversammlung
Die Benachrichtigung der Gemeinde in Antiochia
Offensichtlich handelt es sich um dasselbe Ereignis, das Paulus in Gal 2,1-10 schildert. Der Vergleich beider Darstellungen lässt erkennen, dass Lukas eine Kompromisslinie als Ergebnis schildert, die sich wohl erst später durch die Autorität des Jakobus in dessen Einflussgebiet durchgesetzt hat. Nach der paulinischen Darstellung haben die Heidenchristen keinerlei Auflagen erhalten.
Die Versammlung der Apostel in Jerusalem
Die zweite Missionsreise des Paulus
Nach einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Paulus und Barnabas brechen beide getrennt zur Mission auf (15,36-41; möglicherweise ist der in Gal 2,11-21 geschilderte Zwischenfall der eigentliche Anlass). Zunächst ziehen Paulus und sein Begleiter Silas durch Syrien und Zilizien. In Derbe gewinnt Paulus Timotheus als weiteren Mitarbeiter. In Kleinasien werden sie durch den Geist Jesu nach Troas gelenkt. Dort ruft eine Vision Paulus nach Makedonien (16,1-10).
In Kleinasien
Der Ruf nach Makedonien
Die Auseinandersetzung in Antiochia
Der Beginn der zweiten Missionsreise
In Philippi haben Paulus und Silas zunächst Missionserfolge, werden dann aber nach einer Geistaustreibung verhaftet und mit Ruten geschlagen (Vorwurf: Sie hätten Sitten und Bräuche verkündet, die von Römern nicht angenommen und ausgeübt werden dürfen). Der Gefängniswärter und seine Angehörigen lassen sich taufen (Erdbeben als göttliches Zeichen). Paulus und Silas erreichen eine öffentliche Rehabilitation (16,11-40).
In Philippi
Die Bekehrung der Lydia
Die Magd mit dem Wahrsagegeist
Paulus und Silas im Gefängnis
Über Amphipolis und Apollonia kommen sie nach Thessalonich und Beröa. An beiden Orten zwingen die Juden Paulus zur Abreise. Er wird von den örtlichen Christen nach Athen gebracht (17,1-15). In Athen hält Paulus auf dem Areopag eine Rede, die als typische Missionsrede an Heiden stilisiert ist (Anknüpfung an die lokale Götterverehrung – Aufruf, sich dem Schöpfergott zuzuwenden – Endgericht durch den Auferstandenen, 17,22-31; vgl. 1Thess 1,9f.). Der Erfolg in Athen bleibt aber vergleichsweise gering.