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5.2. Die Psalmen/Der Psalter (Ps)

Übersicht über die Sammlungen innerhalb des Psalters

Davidspsalmen: 3-41 ; 51-72 ; 86 ; 108-110 ; 138-145
Korachpsalmen: 42-49 ; 84 + 85 ; 87 + 88
Asafpsalmen: 50 + 73-83
JHWH-König-Psalmen: ( 47 +) 93-99
Großes Hallel (Lobpsalmen): 111-118
Stufenlieder/ Wallfahrtspsalmen: 120-134
Kleines Hallel: 146-150
Elohistischer Psalter: 42-83*

Name

Der Name „Buch der Psalmen“ (gr. βίβλος ψαλμῶν, biblos psalmon) ist bereits im Neuen Testament (Apg 1,20) belegt, er stammt wohl aus der griechischen Textüberlieferung. Abgeleitet ist dieser Name von einem griechischen Saiteninstrument (ψαλτήριον, psaltērion), die Psalmen galten demnach als Lieder.

In der hebräischen Tradition wird der Name סֵפֶר תְּהִלִּים, sefær tehillîm, „Buch der Loblieder“ verwendet, abgeleitet von תְּהִלָּה, tehillâ, Preislied. Innerhalb des Psalters (so wird das ganze Buch genannt) zählt man 150 Psalmen, doch auch in anderen biblischen Büchern lassen sich vergleichbare Lieder finden, vgl. Ex 15; Dtn 32-33; 1Sam 2 u.ö.

Zählung

Die Zählung der Psalmen variiert in den einzelnen Traditionen, wobei die deutschen Bibelausgaben zumeist der Zählung der Biblia Hebraica folgen. In der Septuaginta wurden Psalm 9–10 und 114–115 zusammengefasst, so dass sich die Zählung der Psalmen verschiebt. Sie kommt aber durch Auftrennung der Psalmen 116 und 147 wieder auf eine Gesamtzahl von 150. Danach fügt sie jedoch einen weiteren Psalm 151 „außerhalb der Zählung“ und eine Sammlung von 14 Oden hinzu, zusätzlich bietet sie noch die ebenfalls apokryphen Psalmen Salomos. Auch in der großen Psalmenrolle aus Qumran sind Psalmen erhalten, die nicht zu den kanonischen Liedern gehören, teilweise aber schon aus anderen Quellen bekannt waren. Diese komplizierte Überlieferung ist Hinweis darauf, dass die endgültige Kanonisierung des Psalmenbuches erst vergleichsweise spät (2./1. Jh. v. Chr.) erfolgt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die erhaltene Abtrennung der einzelnen Psalmen nicht immer sinnvoll ist: So sind in Ps 19 wohl zwei ganz verschiedene Lieder (Schöpfungs- und Tora-Lob) zu einem Stück zusammengestellt worden. Andererseits finden sich Doppelüberlieferungen, so ist beispielsweise Ps 70 auch in 40,14-18 erhalten, Ps 108 steht aufgeteilt in 57,8-12 und 60,7-14.

Gebrauch

Die Frage, weshalb die einzelnen Psalmen zu einer solchen Sammlung zusammengestellt wurden, ist umstritten. Wahrscheinlich galten die Psalmen zur Zeit der Kanonisierung nicht als liturgisches Formular für die Liturgie des Zweiten Tempels. Sie dienten eher als Andachts- oder Erbauungsbuch, in bestimmten Kreisen sicher auch als prophetisch verstehbare Schriften. Dies wird auch durch den neutestamentlichen Befund unterstützt; hier werden die Psalmen am häufigsten von allen alttestamentlichen Schriften zitiert. Das ist bei einer Verwendung als Tempel-Gesangbuch schwer denkbar.

Wachstum

Das Wachstum des Buches ist in Etappen erfolgt, die zum Teil noch erkennbar sind. So reichten frühere, kleinere Sammlungen wohl von Psalm 2-72 oder 89, später wurden die Tora-Psalmen 1 und 119 als Rahmen zugefügt, noch später kamen 120-150 hinzu, die ihrerseits wieder aus einzelnen Sammlungen bestehen. Dabei kamen in der Endfassung alte, vorexilische Lieder neben vergleichsweise jungen Stücken zu stehen. Übergreifendes Ordnungsmerkmal ist die später erfolgte Einteilung in fünf Bücher [1-41; 42-72; 73-89; 90-106; 107-150], analog der Einteilung der Tora. Zu erkennen ist diese Ordnung daran, dass an die letzten Psalmen der einzelnen Sammlungen jeweils sehr ähnliche Segenswünsche angeschlossen wurden, vgl. Ps 41,14: „Gepriesen ist JHWH, der Gott Israels, von Ewigkeit bis in Ewigkeit! Amen, ja Amen.“

Alter

Das Alter der einzelnen Psalmen ist kaum sicher zu bestimmen, zumal Gebete oft alte Sprachformen bewahren, Einige Lieder sind wohl vorexilisch (zumindest in Grundbestandteilen), so Ps 24; 29 (auch 2; 110?), was u. a. an religionsgeschichtlich alten Aussagen erkennbar ist. Andere sind gewiss exilisch, weil sie den Untergang des Tempels und das Exil erkennen lassen, so Ps 50; 74; 137. Die meisten Lieder sind wohl nachexilisch, wobei eine weitergehende Angabe, etwa über ältere Vorstufen, kaum möglich ist.

Der Psalter ist bibelkundlich besonders schwer zu erfassen. Doch sind hier für die eigene Frömmigkeit sehr wichtige Texte gesammelt. Die Psalmen sprechen Lob, Hoffnung und Klage nicht nur für die damalige historische Situation aus, sondern sind offen für jede Gegenwart. Deshalb sollte man sich dem Buch vor allem durch eigene, wiederholte Lektüre nähern, möglichst entlang jeweils unterschiedlicher Ordnungskriterien. Hier wird keine Inhaltsangabe der einzelnen Psalmen geboten, sondern als Ergänzung zu dem Thema-Kapitel „Psalmengattungen“ sollen die einzelnen alten Sammlungen des Psalters und wenige wichtige Einzeltexte vorgestellt werden.

Sammlungen und Überschriften

Innerhalb des Psalters sind verschiedene Untersammlungen erkennbar, die oft Lieder unterschiedlicher Gattungen vereinen. Diese Sammlungen sind vor allem an den Titeln zu erkennen, womit aber ein weiteres Problem der Forschung anzusprechen ist: Die genaue Bedeutung der Psalmenüberschriften ist oft noch völlig ungeklärt. Es muss zudem davon ausgegangen werden, dass die Titel zumeist später hinzugewachsen sind. Die historischen Bezugnahmen der Überschriften (z. B. Ps 3,1: „Von David, als er vor seinem Sohn Absalom floh“) sind nicht als zutreffende Angabe über die Entstehungsverhältnisse des jeweiligen Psalms zu werten.

Die einzelnen Sammlungen sind in der heutigen Endform des Psalters aus ihrem früheren Zusammenhang genommen und miteinander vermischt worden. Wahrscheinlich stellen sie in ihren Grundzügen ursprünglich ältere Sammlungen dar, deren Herkunft aber trotz der Titelangaben unklar bleibt.

Tempelsänger

Nach 1Chr 6,24-28; 25,1ff. war z. B. Asaf Stammherr einer Gilde von Tempelsängern; auch die Korachiten waren nach 2Chr 20,19 am Tempel beschäftigt, als Sänger und auch Torhüter (1Chr 26,1.19). [Die Erzählungen um die „Rotte Korach“ in Num 16-17 verweisen offenbar auf Auseinandersetzungen um den Status und die Ansprüche dieser Gruppe.]

Es ist anzunehmen, dass die Psalmen mit solchen Sängergilden in Zusammenhang stehen. Die Autorenschaft Davids ist sicherlich nicht historisch, hier wirkt die etwa in 1Sam 16,14-23 belegte Tradition von David als Musiker nach.

Aus welchen Gründen die Psalmen innerhalb der Sammlungen nebeneinander zu stehen kamen, ist nicht vollends geklärt. An manchen Stellen leuchtet die Logik der Abfolge unmittelbar ein: Ps 22 ist ein Klagelied, auf das Ps 23 als Vertrauenslied folgt. Hier äußert der Beter den Wunsch, im Haus des Herrn zu bleiben. Ps 24 ist dann folgerichtig eine Einlassliturgie, die den Zugang zu ebendiesem Tempel regelte.

Die Psalmen 42 bis 83 wurden teilweise zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Weise überarbeitet, dass der Gottesname JHWH durch die allgemeinere Bezeichnung אֱלֹהִים, &ælohîm ersetzt wurde. Daher bezeichnet man diese Sammlung auch als „elohistischen Psalter“, dies analog zu der vermuteten Pentateuch-Quelle „Elohist“, deren Kennzeichen ebenfalls die Verwendung von אֱלֹהִים als Gottesbezeichnung ist (Vgl. das Themenkapitel „Pentateuch“).

In der heutigen Fassung wird der Psalter eröffnet durch den weisheitlichen Ps 1, der das Leben des Einzelnen unter den Aspekt der Tora-Befolgung stellt. Das Psalmenbuch läuft dann auf das besondere Loben Gottes hinaus, der Halleluja-Psalm 150 ist nicht zufällig Abschluss der Sammlung.

Gattungen

Zur Orientierung im Psalter ist es notwendig, einige Psalmen zu kennen, die für bestimmte Gattungen oder Inhalte typisch sind, so

  • Klagelieder des Einzelnen (22; 69),
  • Klagelieder des Volkes (44; 60; 90),
  • Lobpsalmen (30; 114; 136),
  • Vertrauenslieder (23),
  • Hymnen (8; 100; 113),
  • Königspsalmen (2; 20; 110),
  • Alphabetische Psalmen (9/10; 119; 145),
  • Zionslieder (46; 48; 76; 84; 87),
  • Weisheitliche Psalmen (73; 133),
  • Schöpfungspsalmen (8; 19A; 104).

Für weitere Angaben vgl. auch das Themenkapitel.

Übersicht über wichtige Einzeltexte der Psalmen

1 Tora-Lob, weisheitlich.
2 Königspsalm: „mein Sohn bist Du, heute habe ich dich gezeugt“, zitiert bei der Taufe Jesu, Lk 3,22, dort kombiniert mit Jes 42,1
8 Hymnus: „Herr unser Herrscher, wie herrlich ist Dein Name“
14 / 53 „Die Toren sprechen in ihrem Herzen: es gibt keinen Gott“. 
22 Klagelied des Einzelnen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Vgl. Jesu Worte am Kreuz, Mt 27,46 .
23 Vertrauenslied : „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“.
24 Wallfahrtslied: „Erhebet, Tore, Eure Häupter“; vgl. das Lied EG Nr. 1: Macht hoch die Tür._._.
37 Weisheitslied: „Befiehl dem Herrn deine Wege“.
46 Zionslied: „Eine Burg ist uns der Gott Jakobs“; vgl. das Lied EG 362: Ein' feste Burg ist unser Gott.
73 Klage über die Ungerechtigkeit Gottes, dabei Vertrauensmotiv: „dennoch bleibe ich stets bei Dir“.
90 Klage:  „Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen“, „1000 Jahre sind wie der gestrige Tag“.
100 Lobpsalm: „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“.
104 Hymnus: Schöpfung. Wichtige Parallelen zum Sonnengesang des Echnaton aus Amarna/Ägypten!
121 Wallfahrtspsalm/Vertrauenslied: „Ich hebe meine Augen auf zu dem Berge, woher wird mir Hilfe kommen?“
136 Lobpreis der Taten Gottes in Schöpfung und Geschichte; Kehrvers: „Denn seine Güte währet ewig“.
137 Klage der Exulanten  „An den Strömen Babylons, da saßen wir und weinten“.
139 Weisheitslied, Klage: „Herr, du erforschst mich und kennst mich“.
150 Loblied: „Alles was Atem hat, lobe den Herrn“.

Digitale Bibelkunde

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Die Texte auf dieser Seite sind mit freundlicher Genehmigung übernommen aus:

Cover der Bibelkunde des Alten Testaments von Martin Rösel

Rösel, Martin: Bibelkunde des Alten Testaments. Die kanonischen und apokryphen Schriften. Mit Lernübersichten von Dirk Schwiderski, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 11., veränd. Aufl. 2021.

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